Will der Erblasser bestimmte Angehörige enterben, muss er die Enterbung rechtszeitig vor dem Tod direkt oder indirekt anordnen. Nach seinem Tod gilt entweder die gesetzliche Erbfolge oder falls er ein Testament oder einen Erbvertrag geschrieben hat, die entsprechende Verfügung von Todes wegen.
Nach dem Tod des Erblassers gibt es aber noch Möglichkeiten die testamentarisch bzw. erbvertraglich eingesetzten Erben nachträglich zu enterben, nämlich durch die Anfechtung des Testaments bzw. Erbvertrags. Angefochten werden kann entweder das gesamte Testament bzw. Erbvertrag oder aber auch nur die Erbeinsetzung als solche. Bei erfolgreicher Anfechtung gilt die angegriffene Verfügung als von Anfang an nichtig.
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Anfechtung des Testaments (Einzeltestaments)
Ein Testament (Einzeltestament) kann frühesten nach dem Tod des Erblassers angefochten werden.
Die Anfechtung muss gegenüber dem Nachlassgericht (schriftlich oder mündlich zu Protokoll) innerhalb einer Frist von einem Jahr erklärt werden. Die Frist beginnt an dem Tag, an dem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund erfährt. Sollte der Erbfall bereits 30 Jahre zurückliegen, ist eine Anfechtung ausgeschlossen.
Zur Anfechtung des Testaments berechtigt ist derjenige, dem der Wegfall des Testaments bzw. einzelner Verfügungen unmittelbar zugute kommt. Regelmäβig ist es der gesetzliche Erbe oder der Beschwerte einer Auflage.
Das Testament darf aus folgenden Gründen angefochten werden:
Erklärungsirrtum: Stimmt das, was der Erblasser erklären wollte, und das, was er erklärt hat, nicht überein, liegt ein Erklärungsirrtum vor.
Inhaltsirrtum: Wusste der Erblasser, dass er eine Erklärung abgibt, war sich aber nicht darüber bewusst, was er erklärt und welche Tragweite die Erklärung hat, so liegt ein Inhaltsirrtum vor.
Motivirrtum: Von einem Motivirrtum spricht man, wenn der Erblasser bei der Testamentserrichtung irrtümlich von Umständen ausging, die sich später als nicht zutreffend erweisen. Hätte er zum Zeitpunkt des Todes die wahren Verhältnisse gekannt, hätte er an seinem Testament nicht festhalten.
Arglistige Täuschung oder Drohung: Der Erblasser wurde durch arglistige Täuschung oder Drohung dazu gebracht, ein Testament aufzusetzen oder ein bestehendes Testament zu ändern.
Unbekannte Pflichtteilsberechtigte: Der Erblasser überging in seinem Testament einen Pflichtteilsberechtigten, da er nichts von ihm wusste oder die Person erst geboren oder pflichtteilsberechtigt wurde, nachdem der Erblasser das Testament bereits errichtet hatte.
Sittenwidrigkeit und gesetzliches Verbot: Die Verfügungen im Testament sind sittenwidrig oder verstoβen gegen ein gesetzliches Verbot.
Erbunwürdigkeit von Erben, Vermächtnisnehmern oder Pflichtteilsberechtigten: Ein Erbe, Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigte kann für erbunwürdig erklärt werden mit der Folge, dass er rückwirkend seinen Erbteil, Vermächtnis bzw. Pflichtteil verliert.
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Anfechtung des gemeinschaftlichen (Ehegatten-) Testaments
Die Anfechtung des gemeinschaftlichen (Berliner) Testaments bzw. Ehegattentestaments hat im Vergleich zur Anfechtung des Einzeltestaments die Besonderheit, dass hierbei zwischen einseitigen und wechselseitigen Verfügungen unterschieden werden muss.
Enthält das Ehegattentestament mehrere Verfügungen und handelt es sich bei der angefochtenen Verfügung um eine einseitige Regelung, so bleibt der Rest des Ehegattentestaments in der Regel wirksam bestehen.
Wird dagegen eine wechselseitige Verfügung angefochten, so ist im Zweifel auch die ihr im Verhältnis gegenüberstehende Verfügung des Ehegatten unwirksam.
Eine weitere Besonderheit im Vergleich zur Anfechtung eines Einzeltestaments besteht darin, dass neben den oben genannten Anfechtungsberechtigten zusätzlich der überlebende Ehegatte als Erblasser auch nach dem Erbfall das gemeinschaftliche (Ehegatten-) Testament anfechten darf (Selbstanfechtungsrecht). Dieses Selbstanfechtungsrecht gilt jedoch nur im Hinblick auf wechselseitige Verfügungen, da einseitige Verfügungen von den Ehegatten ohne Weiteres jederzeit widerrufen werden können.
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Anfechtung des Erbvertrags
Ein Erbvertrag wird entsprechend einem Testament angefochten. Genau wie beim gemeinschaftlichen (Ehegatten-) Testament, steht dem Erblasser zu Lebzeiten ein Selbstanfechtungsrecht zu.